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Social Media und die Glorifizierung des eigenen Ich

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Wer nennt sein Smartphone und einen Account in einem der großen sozialen Netzwerke wie Facebook oder Instagram sein Eigen? Hand hoch! Wäre dies ein Auditorium müsste man die Frage anders herum stellen, um die Wenigen zählen zu können die sich dieser Welt verweigern. Zu Recht? Anneke Beerten stellte ein Foto von sich online welches in dieser Art selten in den Sportler-Feeds zu sehen ist. Müde und unzufrieden mit ihrer Leistung bei einem Rennen – alles nur nicht glorreich, wie sonst so oft in der virtuellen Welt. Das Bild, welches Sven Martin nach einem Enduro-Rennen von ihr geschossen hat, erreicht gerade eine breite Streuung in den Netzwerken. Grund dafür ist aber eher der Text den Anneke dazu verfasst hat, in dem sie das verbesserte, glorifizierte Ich der sozialen Medien in Frage stellt.

📝 Okay, I was thinking of not posting this picture… Why? Because I thought I did not look at my best. But this is me, covered in dust, tired, exhausted, frustrated, veins popping and taking a minute for myself after finishing an Enduro race. @svenmartinphoto snaps this shot of me being me at that time & not so happy with my result. Im getting a little bit tired of having the feeling I have to post that perfect picture, checking how many likes & new followers I got. And please, dont tell me this is crazy because were all doing it! Dont get me wrong, I love Social Media and how easy it is these days to keep in close contact with my friends all over the globe. And in this way I can contribute to promote my sponsors. But this whole social media thing is taking itself to a whole new level. Because the cooler I am on social media the more sponsors and people maybe like me?! Im a person that does not like to share you my dinner plates or my butt in a new Yoga pants that I just bought, that just ain't me.. Its sad but it is the reality that for female athletes it is a lot about social media and how you look these days. Its almost like "winning a race is cool, but how many likes did you get?" To me that is not what it is about, again I am stoked I can share this all with the world and hopefully inspire more people to ride. But at the end of the day I wanne win that race for me and that feeling it gives me, make my parents and friends proud, get my sponsors stoked for me on winning it!! As a young girl I dreamt of doing all of this, I rode my bike non stop, felt the wind though my hair and my face was most of the time covered in dirt. I was not comparing myself with anybody, I was just being me and doing what I love. Im proud to show my feminine side in this Extreme sport, but in my way. What im trying to say with is, and this is to most of the girls out there: Please be who you are, you should not compare yourself with numbers, likes, or other people. You are awesome, share your passion with the rest of the world the way you feel comfortable with it. Dont feel like you have to post something you dont want! Were all an individual and beautiful just the way we are 💜😘

A photo posted by Anneke Beerten (@annekebeerten) on

Anneke begegnete mir zuerst vor ungefähr 16 Jahren auf einem Downhill-Rennen in Ilmenau. Schon bevor sie an den Start ging war klar, dass sie nicht nur zuletzt oben am Start, sondern auch später ganz oben auf der Ergebnisliste stehen würde. Immer freundlich und extrem ehrgeizig war sie schon immer eine Racerin durch und durch. Das Ziel eines Rennwochenendes ist dabei in keinster Weise olympisch, sondern ganz klar der obere Platz auf dem Podium. Alles andere wäre nur weiterer Ansporn besser, fitter, schneller zu werden.

2004 begann die Facebook-Ära und 2010 erblickte Instagram das digitale Licht der Welt. Aus einem Netzwerk wurde eine zweites digitales Universum, das aus vieler Menschen Hände kaum noch wegzudenken wäre. Kritik gab und gibt es immer wieder. Die Quintessenz davon: Verarmung der echten sozialen Kontakte und idealisierte Darstellung einer zweiten Persönlichkeit in der digitalen Welt. Anneke bringt es auf den Punkt und beschreibt ein Phänomen bei dem es Dinge wie Niederlagen, Angst sowie unbekümmerte Freiheit nicht mehr zu geben scheint. Die Bike-Branche stützt sich aktuell stark auf die Reichweite, Follower und Likes der Athleten. Zahlen sind vergleichbar und messbar. Wie viele Fans des jeweiligen Sportlers werden mein Produkt in ihrem täglichen Daumen hoch berücksichtigen? Was gewinnt unser Unternehmen mit dieser oder jener Konstellation an Reichweite?

Wir Menschen sind von Grund auf darauf ausgerichtet, uns möglichst in idealem Licht darzustellen. Das liegt in unserer Natur, sonst würden wir nicht auf Dinge wie Modetrends reagieren, morgens die Haare kämmen oder die Zähne putzen. Diese Eigenheiten beeinflussen auch maßgeblich die Entscheidung, was wir mit der digitalen Welt teilen. Von den x Kurvenfotos wird nur das hochgeladen, bei dem die größte Schräglage/Dreckfontäne/Kompression der Federelemente erreicht wurde. Die anderen Fotos werden entweder gleich gelöscht oder verstauben in der digitalen Vergessenheit.

Was wäre ein besserer Umgang mit diesen Medien? Weg von Hashtag-Clouds #like4like #picoftheday #epic #bigair #roost und hin zu #nofilter #nohashtag? Es gibt Punkte an Social-Media die ich nicht missen möchte und das sind die gleichen wie Annekes. Über all die Jahre auf zahllosen Events, Messen und Reisen entstehen nicht nur Fotos und Textzeilen über Menschen, sondern auch Bekanntschaften und Freundschaften. Handynummer? Emailadresse? Die werden immer seltener ausgetauscht. Zu einfach ist der Kanal über die sozialen Medien. Zumal es einem sehr einfach gemacht wird, einander “zu folgen” und immer up-to-date zu sein, wo sich wer gerade herumtreibt und schnell ist unter ein Foto von der Gepäckausgabe geschrieben: „Hey du bist im Land? Lass uns was zusammen unternehmen!“

Die Zukunft? Niemand weiß was kommt. Für mich wurde Facebook im letzten Jahr immer unattraktiver, vor allem mit der eingeführten zeitlich nicht-linearen Timeline. Ich nutze es zwischenzeitlich eher als Adressbuch und Kontaktsammlung. Bilder werden mehr und mehr direkt über die Funktion von Instagram geteilt. Facebook und Social-Media generell wird aber trotzdem die nächsten Jahre nicht sterben. Zu groß und allumfassend wurde diese Institution für viele Menschen. Werden wir alle (die Nutzer von Social-Media) es schaffen, eine Kehrtwende weg von reiner Follower- und Like-Gier zu vollziehen? Eher nicht im großen Stil, aber ich hoffe wir schaffen es wenigstens im kleinen Kreis, nicht nur das epische Bild, sondern auch die Person mit all ihrer Passion für den Sport dahinter zu sehen und trotzdem ihre Leistung – egal ob auf dem Podium oder weiter hinten auf der Ergebnisliste – zu würdigen und gemeinsam den Spaß am Geländeradsport zu behalten. Selbst wenn es einem (insbesondere mir als Fotograf) manchmal extrem schwer fällt, die Kamera in der Tasche oder gleich daheim zu lassen, wenn man zu einem Abenteuer in der Natur aufbricht.


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