
Es sind nun bereits zwei Wochen vergangen, seitdem ich das wohl härteste Rennen meines Lebens hinter mich gebracht habe – die Trans Madeira. Der aus Erschöpfung und vielleicht noch den Nachwirkungen der Mojitos am letzten Abend bestehende Nebel um meinen Kopf hat sich langsam gelegt – Zeit für einen kleinen Rückblick und für euch die besten 10 Tipps, wenn ihr auch mal ein mehrtägiges Enduro-Etappenrennen bestreiten solltet. Neben der lustigen Gesellschaft und den langen Tagen im Sattel sind vor allem die grandiosen Landschaften und Trails dieser kleinen Atlantik-Insel im Kopf geblieben.
Bisher bin ich in meinem Leben vor allem Downhill-Rennen und das ein oder andere Enduro-Rennen mitgefahren. Ehrlich gesagt muss ich sagen, dass mich das Enduro-Format in letzter Zeit etwas gelangweilt hat. Während Downhill-Rennen mich durch die unglaubliche Intensität weiterhin total fesseln, schienen mir die wenigen Enduro-Rennen, die ich im Jahr bestreite, beinahe immer gleich zu sein. Klar waren immer mal wieder ziemlich coole Trails dabei, aber das Rennformat war auf Dauer nicht wirklich geeignet, meinen Ehrgeiz zu wecken. Da rollt man entspannt mit Freunden von Stage zu Stage, soll dann Gas geben, aber vielleicht auch nicht zu viel, man kennt den Trail ja nicht so gut und dann muss man auch noch ewig warten, bis man Ergebnisse hat … da kann ich ja auch einfach so ganz ohne Rennstress irgendwohin gehen, eine Runde fahren und nachher in Strava gucken, was ich so gefahren bin. Da gewinne ich genauso wenig einen Blumentopf wie bei einem echten Rennen. Das ist natürlich total überspitzt … aber so richtig vom Hocker reißen konnten mich Enduro-Rennen nicht mehr.

Eine erste Kostprobe eines mehrtägigen Enduro-Rennens mit Abenteuer-Charakter konnte ich beim NZ Enduro im Frühjahr diesen Jahres erleben – und war sofort hellauf begeistert. Statt von Stage zu Stage zu rollen, kommt man durch epische, unbekannte Landschaften und hat immer etwas zu staunen. Ganz zu schweigen davon, dass die Transfers an sich bereits eine Herausforderung sind. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings schon längst für die Trans Madeira angemeldet … warum also das Ganze? Die Antwort ist einfach: Mein Kumpel und Mitstreiter von der RedBull Foxhunt, Wolfgang Eysholdt, hatte die Idee und ich bin total leicht zu begeistern.

Trans Madeira 2018 – Wolfgang Eysholdt POV-Stages von IBC_Redaktion – Mehr Mountainbike-Videos
Das Rennen selbst übertraf dann für mich einfach alle Erwartungen! Ich kann immer noch nicht ganz glauben, wie weitläufig und abwechslungsreich so eine kleine Insel sein kann. Wenn man den Fleck auf der Landkarte sieht, könnte man meinen, in kürzester Zeit darüber laufen zu können – doch direkt an der Küste fangen die Berge an … und es gibt so einige Berge und Täler auf Madeira. Ich habe das Glück, mein Rad an vielen interessanten Orten fahren zu können, und möchte behaupten, dass es während der Trans Madeira einen Trail gab, der jedes mir bekannte Terrain widerspiegelte. Nicht alles davon hat mir gefallen und manchmal habe ich richtig darüber geflucht. Das Erstaunliche war, dass die nächste Stage wieder komplett anders war, weshalb man eigentlich nicht lange schlecht gelaunt sein konnte.



Dafür, dass es sich um die allererste Version des Rennens handelte, war die Organisation beinahe perfekt. Die Tage waren lang, allerdings waren extrem gut ausgestattete Foodzones über die Strecke verteilt, die Helfer alle sehr gut gelaunt und hilfsbereit und insbesondere die krassen Transfers waren landschaftlich derart beeindruckend, dass man die Qualen schnell vergessen hat. Bei der Ankunft waren die Zelte bereits aufgebaut, das Essen jeden Abend nahrhaft und meistens ziemlich lecker. Nur von Rührei und Porridge habe ich erstmal sowas von die Nase voll!

10 Tipps für Etappen-Endurorennen
Für mich war es das erste Etappen-Enduro-Rennen dieser Art. Erstaunlicherweise bin ich der Meinung, trotzdem gar nicht so viel falsch gemacht zu haben. Allerdings habe ich mir vorher auch einige Informationen eingeholt und bin im Rennenfahren und Reisen ja auch nicht ganz unbedarft. Falls ich euer Interesse für die nächste Version der Trans Madeira oder ein anderes Rennen dieser Art geweckt habe, helfen euch vielleicht meine 10 Tipps weiter!
Gute Vorbereitung
Klingt logisch, ist aber unverzichtbar. Meine Vorbereitung war recht bescheiden, da ich mir in den Monaten vorher gleich zwei Finger brechen musste. Allerdings habe ich die letzten 4 Wochen vor dem Rennen für ausgedehnte XC-Runden genutzt und mich auch mit den Fingern im Gips durch Joggen fit gehalten. Erwartungsgemäß waren dann auch Oberkörper und Hände mein größtes Problem während des Rennens. Richtig fit zu sein, sorgt nicht nur für ein gutes Ergebnis, sondern vor allem für mehr Spaß. Bereits am ersten Tag haben sich einige Rennfahrer mit eher sauren Mienen müde ins Zelt geschleppt. Wer ca. 1400 € für ein Rennen zahlt und teure Flüge bucht, sollte nicht 5 Tage lang ans Durchkommen denken müssen, sondern die grandiosen Trails und Landschaften auch genießen können.

Nicht zu schnell anfangen
Diesen Fehler haben Wolfgang und ich beinahe begangen. Der erste Tag war zwar auch deutlich über 40 km lang, bestand jedoch aus relativ leichten Climbs. Die Beine waren da noch frisch, weshalb wir zwar nicht wirklich schnell, aber eben im Tempo einer regulären, entspannten Tagestour die Berge hoch sind. Gerade wenn man bei solchen Rennen neu ist und nicht genau weiß, wie der Körper darauf reagiert, sollte man eher etwas zu langsam anfangen. Das tut dem Ego dann vielleicht einen kleinen Stich, wenn der nächste Schweizer mit fröhlichem “Grüetzi” vorbeifliegt – der wohnt aber in den Bergen und macht vermutlich sowieso den ganzen lieben langen Tag nichts anderes … jedenfalls habe ich mir das immer eingeredet.

Vorsicht auf den Stages
Klar, es ist ein Rennen – da muss man mal etwas Gas geben. Allerdings sind die Strecken lang, hart und es gibt nunmal sehr viele davon! Man muss für sich selbst ausloten, was ein gutes Tempo ist – hinten raus kann sich auch noch so einiges ändern. Ich hatte anfangs etwas Angst wegen meines noch nicht ganz verheilten Daumens und habe deshalb zu langsam angefangen. Im Nachhinein hat sich das Klassement jedoch nochmal verschoben und ich konnte Plätze gut machen. Zudem herrscht in Madeira ein etwas anderes Sicherheitsverständnis als in Deutschland und es kann mal den ein oder anderen fiesen Abhang oder kaum einsichtigen Drop geben. Wenn man darauf stößt, sollte man sein Rad zumindest halbwegs unter Kontrolle haben.
Das richtige Bike
Auch irgendwie logisch, sollte aber nochmal betont werden. Einige der Strecken wären auch bestens geeignet, um darauf ein Downhill-Rennen auszurichten, andere sind extrem eng, flach und technisch – es ist also ein waschechter Allrounder gefragt. Ich würde ein Rad mit mindestens 150 mm Federweg am Heck und bis zu 170 mm Federweg an der Front vorschlagen. Wer kein Problem mit 29ern hat, ist damit sicherlich gut aufgehoben, denn die großen Räder rollen leichter über ruppige Trailpassagen und sparen somit auf lange Sicht einiges an Kraft. Abends ist man meistens erschöpft und froh, mal eine Pause zu machen oder ins Meer zu hüpfen – jede Reparatur-Arbeit ist da eine zusätzliche Belastung. Deshalb sollte man vor allem auf bewährte und robuste Komponenten setzen. Für den Notfall ist allerdings ein Mechaniker vor Ort. Zudem sollte man mit dem Rad bereits gut vertraut sein und sich sicher sein, 5 Tage in Folge für bis zu 8 Stunden darauf Platz nehmen zu können.

Ersatzteile und Werkzeug einpacken
Auch das robusteste Schaltwerk hat gegen einen herausstehenden Stein höchstens marginale Chancen. Das Rennen ist so geregelt, dass man auch nach einem Totalausfall während des Rennens am nächsten Tag wieder starten darf. Deshalb sollte man ausreichend Ersatzteile mitnehmen. Dazu gehören natürlich auch klassische Verschleißteile wie Bremsbeläge, Schaltzüge oder Dichtmilch. Wer hat, kann zudem noch ein Schaltwerk, Kette, Kettenschlösser, Bremsscheiben oder Reifen mitnehmen – ich hatte alles dabei, habe aber zum Glück nichts davon benötigt. Zudem hatte ich einen kleinen Turnbeutel mit dem nötigsten Werkzeug, um die genannten Dinge am Rad anzubringen, im Gepäck.

Den Stauraum gut nutzen
Zu Beginn des Rennens muss man seine Biketasche abgeben und bekommt sie erst am letzten Abend wieder. Das heißt, man muss alle seine Utensilien in eine Reisetasche packen. Es hängt sicher etwas vom Wetter ab, aber ich würde eher darauf schauen, dass man für jeden Tag einen Satz Bike-Klamotten und alle nötigen Ersatzteile dabei hat. Während des Rennens brannte die Sonne ganz gut, Abends war der Himmel dann jedoch meist bewölkt und Nachts gab es durchaus mal einen Regenguss, sodass die durchgeschwitzten Sachen nur sehr schlecht getrocknet sind. Die Abende im Zeltlager sind ohnehin nicht sehr lang und morgens zieht man nach dem Aufstehen direkt die Radklamotten an, weshalb man eigentlich nicht viel reguläre Kleidung benötigt. 5 Tage lang Abends für ein paar Stunden denselben Pulli tragen finde ich ok – mich morgens mit 40 Mountainbikern in ihren versifften Klamotten vom Vortag in einen Bus zu setzen, hat hingegen leichten Würgereiz ausgelöst.

Mit oder ohne Rucksack fahren
Die meisten Teilnehmer der Trans Madeira waren mit einem Rucksack unterwegs. Da ich meinen Rücken gerne frei habe, habe ich stattdessen auf einen Hipbag gesetzt und war damit auch nicht ganz alleine. Einige Pro-Fahrer hatten sogar nur eine Bib-Short mit zusätzlichem Stauraum an und zusätzlich noch Werkzeug ans Rad gebunden. Das wäre auch mein Vorgehen für nächstes Jahr – allerdings sollte man sich dann sehr sicher sein, was man braucht. Es gab einige nicht-reparable Defekte – diese Teilnehmer wurden dann von den Organisatoren abgeholt und mussten nicht alleine im Wald stehen bleiben. Neben Tubeless-Reparatur-Sets, einem Schlauch, einer leichten Jacke und einem Mini-Tool sollte man vor allem genug zu essen und zu trinken dabei haben. Mit einer 700 ml Trinkflasche könnte es an manchen Tagen schon etwas eng werden. Insbesondere an Tag 3 waren wir so lange unterwegs, dass fast das gesamte Fahrerfeld auf dem Bauch liegend aus einem Bach trank – ohne unangenehme Konsequenzen allerdings.

Das Streckenprofil einprägen
Bei der Trans Madeira gab es keine Karten, allerdings ein Höhenprofil, auf dem auch die Stages und Foodzones eingezeichnet sind. Das sollte man sich gut merken und am besten mit dem Handy abfotografieren, um sich sein Tempo unterwegs einteilen zu können. So weiß man, ob man noch einen Riegel isst oder ob die nächste Foodzone bald kommen muss. Zudem sollte man sich für manche langen Anstiege wirklich die Kräfte einteilen. Die Routen sind übrigens exzellent ausgeschildert, weshalb es eigentlich keine Entschuldigung dafür gibt, einfach auf die Schnellstraße abzubiegen … in einen Tunnel hinein … was einige deutsche Teilnehmer am ersten Tag gemacht haben.

Keine langen Pausen machen
Die Stage ist zuende, man ist erschöpft aber glücklich und wirft sich erstmal auf den Boden – das ist keine gute Idee. Man muss seinen Körper ja schließlich den ganzen Tag am Laufen halten – ständiges Belasten mit anschließender Pause ist da nicht gut. Am besten ist es, dass man nach der Stage langsam, aber beständig weitermacht – dann muss man auch kein krasses Tempo vorlegen, um die Strecke zügig zurückzulegen.

Ausreichend Nahrung zu sich nehmen
Ich bin niemand, der morgens gerne viel isst – bei einem Etappen-Rennen ist das jedoch ein Muss. Zum Glück bot unsere mobile Küche in Madeira jeden Morgen eine große Auswahl an eiweiß- und kalorienhaltiger Kost. Leider war es jeden Tag dieselbe, sodass ich nun erstmal eine Pause von Rührei, Baked Beans und Porridge benötige. Für Essfaule wie mich gut: Man muss nicht viel kauen, sondern kann einfach schaufeln. Dazu gab es übrigens viel Obst, das man auch nicht verschmähen sollte.



Könntet ihr euch vorstellen, mal an einem solchen Rennen teilzunehmen?
Hier findet ihr alle Artikel zur Trans Madeira 2018:
- Gregor in Gefahr bei der Trans Madeira 2018: 10 Tipps für Mehrtages-Endurorennen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 5: Einer geht noch – dann ist aber gut!
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 4 – Schwere Beine und große Gaps
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 3 – mein neuer Lieblingstrail ist …
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 2 – feuchter Wurzel-Terror und Madeira-Massagen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 1 – epische Ausblicke und grandiose Stages
- Trans Madeira 2018: Gregor in Gefahr – Liveberichte aus Madeira
- Trans Madeira 2018: 5 Tage Traumtrails auf der grünen Insel
Der Beitrag 10 Tipps für Mehrtages-Endurorennen erschien zuerst auf MTB-News.de.