
In diesem Übersichtsartikel findet ihr alle Informationen zum vergangenen Testablauf, sowie die Testfazite zu Nukeproof Mega, Trek Slash und Evil The Wreckoning. Detaillierte Informationen und Tuningtipps sind im Testbericht der jeweiligen Bikes verlinkt.
Glaubt man den Herstellern und deren vollmundigen Versprechen, so sind die Bikes der neuen 29er-Generation die wahren Bergab-Alleskönner. Von der schnellen Runde bis hin zur gröbsten Abfahrt sollen die Bügeleisen jeden Trail beherrschen können – Wahrheit oder alles nur heiße Luft? Wir haben drei 29er Enduro-Bikes im Bereich von 150 bis 160 mm Federweg ordentlich Dampf gemacht und ihr Potential auf groben Untergründen erforscht. Welcher Heizkörper glättet am besten? Wer kommt am schnellsten in und um die Ecken? Wer überzeugt mit leichter Bedienbarkeit? Und welches 29er ist am Ende das heißeste Eisen von allen?
Bügeleisen? Heizkörper? Hä, was – noch eine neue Bike-Kategorie? Nein. Spätestens seit der Verbreitung von 29ern mit modernen Geometrien und viel Federweg ist das Schubladendenken im Bike-Bereich halbwegs vorbei. Freerider, Enduro, Trailbike, Mini-Downhiller: Die Grenzen zwischen den ehemals nach Federweg definierten Bike-Arten verschwimmen mit jeder Entwicklung immer weiter. Federwege, Fahrwerke und Komponenten, die vor einigen Jahren noch Downhill-Territorium waren, sieht man heutzutage auch an kleineren Bikes. Deren Leistungsfähigkeit steigt immer weiter, gleichzeitig purzeln die Pfunde. Die drei langhubigen 29er in unserem Test – das Trek Slash 9.9 RSL, das Nukeproof Mega 290 und das Evil The Wreckoning – nennen wir gemessen am Federweg der Einfachheit halber Enduro-Bikes.

Was macht ein modernes Enduro aus?
Unserer Meinung nach definiert sich ein Enduro aus dem Zusammenspiel der Parameter, die die Abfahrtsleistung eines Downhillers mit den Klettereigenschaften eines Trailbikes kombinieren. Um das zu erreichen, müssen Laufradgröße, Federweg, Fahrwerk, Geometrie und Ausstattung harmonieren. Aktuell gibt es bei beiden Laufradgrößen verschiedene Ansätze, um diese Idee zu verwirklichen und einen perfekten Allrounder zu erschaffen.
Dabei könnten die aktuell erhältlichen Fahrräder kaum unterschiedlicher sein. Vom berechenbaren Race-Bike über das straffe Tourenrad bis hin zum Downhiller im Enduro-Pelz ist alles möglich. Entsprechend groß ist auch der Einsatzbereich dieser Räder: Sie sollen von der entspannten Feierabend-Runde über die Hochgebirgs-Tour bis hin zum gelegentlichen Bikepark-Ausflug alles mitmachen. Dazu muss es auf Bergetappen guten Vortrieb generieren, damit die Kräfte für die Abfahrt geschont werden. Außerdem soll es mit einer ausgewogenen Geometrie eine gute Balance bieten und auch auf schnellen, ruppigen Trails stets für Sicherheit sorgen.
Auf den Punkt gebracht
Fassen wir den Einsatzbereich und die Anforderungen an ein modernes Enduro-Bike noch einmal zusammen:
Die Einsatzbereiche
- Hometrails: Das Enduro-Bike ist für den Großteil der Nutzer unter uns das meistgenutzte Rad – und wird dementsprechend am häufigsten auf den Hometrails in den Alpen oder dem deutschen Mittelgebirge bewegt.
- Bikeparks: Schaut man sich in der Liftschlange um, sieht man von Jahr zu Jahr immer mehr Enduro-Bikes, die auf (fast) allen Strecken mit geringem Gewicht punkten können und eine aktivere Fahrweise ermöglichen.
- Renneinsatz: Auch wenn aktuell einige Rennserien beendet wurden, boomt der Enduro-Rennsport weiterhin – beim Kampf um wertvolle Sekunden fühlen sich diese Bikes natürlich wohl.
Das sollte das perfekte Enduro-Bike können
- Fahrspaß: Die meisten unter uns sind vor allem auf den Spaß am Radfahren aus.
- Komfort: Auf einigen Trails sind die hochgezüchteten Rennmaschinen Trailbikes unterlegen – für viele ist aber der zusätzliche Komfort wichtiger als die maximale Spritzigkeit.
- Sicherheit: Durch gute Traktion und ein optimiertes Fahrwerk bietet das Bike Sicherheit und verschiebt die Grenzen der eigenen Fähigkeiten.
- Allround-Fähigkeiten: Das Bike soll einen möglichst großen Einsatzbereich abdecken.
29er Enduro-Bikes – Die Kandidaten in unserem Test
Nukeproof Mega 290
Das Mega begeisterte unsere Tester vor allem auf längeren Ausfahrten. Es machte in der Hand eines fähigen Piloten auch im Enduro-Einsatz eine gute Figur, ist im harten Gelände aber anstrengender zu fahren und bietet weniger Reserven als die anderen beiden Bikes im Test. Dafür zog es im Uphill leichter davon.

Fazit – Nukeproof Mega 290 Pro
Trotz etwas Mehrgewicht auf den Rippen ist das Nukeproof Mega 290 ein echter Klettermax, mit dem sich Abfahrten sehr bequem und schnell verdienen lassen. Dank der straffen Charakteristik lädt das Mega zum Spielen ein und lässt sich leicht durch Kurven und in der Luft bewegen. Steigen die Geschwindigkeiten, verlangt das Nukeproof jedoch eine präzise Fahrweise. Auf wirklich harten Trails lässt es sich leichter aus der Ruhe bringen als andere Bikes in dieser Klasse. Solidere Laufräder, Reifen mit stabilerer Karkasse und eine höhere Aufbauqualität wären wünschenswert gewesen. Trotzdem: Das Nukeproof Mega 290 punktet insgesamt durch eine weitgehend stimmige Ausstattung und eignet sich hervorragend als Enduro- und Trailbike für längere Ausfahrten!


Alle Testeindrücke sowie alle Details zu Geometrie und Ausstattung findet ihr hier im kompletten Testbericht.
Trek Slash 9.9
Egal ob bergauf oder bergab, das Trek Slash war schnell in beiden Richtungen. Mit seinem herausragenden Fahrwerk und den schier endlosen Anpassungsmöglichkeiten am Fahrwerk deckte das rote Edelbike den größten Einsatzbereich im Test ab. Neben der Option, die Federelemente auf die unterschiedlichsten Streckenverhältnisse anzupassen, ist dies ebenso für unterschiedliche Nutzergruppen interessant. Komfortable Abstimmung für lange Tage im Sattel oder kurze Abfahrten im Bikepark – das Trek bedient beides.

Fazit – Trek Slash 9.9
Man nehme ein extrem potentes Fahrwerk, verpasse ihm eine Kletterhilfe und verpacke das in einen ausbalancierten, leichten Rahmen mit extrem hoher Steifigkeit und leichten, haltbaren Anbauteilen: Fertig ist das Traumbike, mit dem man Rennen gewinnen kann. Das Trek Slash 9.9 RSL ist ein ausbalancierter Rennwagen, der abgesehen von den leichten Reifen und der kurzhubigen Sattelstütze praktisch keine Wünsche offen lässt. Die rote Schönheit hat allerdings auch einen Preis, der den Geldbeutel zittern lässt.


Alle Testeindrücke sowie alle Details zu Geometrie und Ausstattung findet ihr hier im kompletten Testbericht.
Evil The Wreckoning
Je gröber und desto schneller die Abfahrten im Testverlauf wurden, desto mehr glänzte das Wreckoning. Auch wenn man es vor einigen Jahren noch nicht hätte glauben wollen – aber dieses Bike mit 29 Zoll Laufrädern lässt so manches Freeride-Bike alt aussehen. Wer sich gerne im groben Gelände oder Bikeparks herumtreibt, wird eine Menge verwunderte Blicke ernten, von Leuten auf Downhillbikes, die man auf der gröberen Linie überholt – wenn sie überhaupt schnell genug einen Blick aufs Bike erhaschen können.

Fazit – Evil The Wreckoning
Das Evil The Wreckoning ist das Bike, vor dem euch eure Mütter immer gewarnt haben. Genügend Mut vorausgesetzt, verführt es den Fahrer in brachialem Gelände zu wahnwitziger Linienwahl. Bergauf bezahlt man zum Beispiel für die groben Reifen zwar mit mehr Körnern als auf anderen Bikes derselben Kategorie, wird dafür aber bei der Abfahrt fürstlich entlohnt. Selbst im Drift über schmierige Steinfelder vermittelt das The Wreckoning eine schlafwandlerische Sicherheit. Ein derart potentes 29er sucht derzeit seinesgleichen – vergeblich. Zusätzliche Volumenspacer in den Federelementen sind ebenso Pflicht wie eine stärkere Bremsanlage, um das wilde, böse Biest zu zähmen.


Alle Testeindrücke sowie alle Details zu Geometrie und Ausstattung findet ihr hier im kompletten Testbericht.
29er Enduro-Bike – Wo und wie haben wir getestet?
Um die Bikes bestmöglich vergleichen zu können, wurden sie von mehreren Testern in unterschiedlichstem Gelände und unter verschiedenen Bedingungen getestet. Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte – hier sind ein paar Eindrücke unserer Testsessions:


29er Enduro-Bikes – Wie haben wir getestet?
Ein Fahrrad ist bekanntlich ein komplexes Sportgerät. Kleinste Veränderungen – Anpassungen von wenigen PSI im Fahrwerk, Anzahl der Volumenspacer, Reifendruck, Höhe der Lenkzentrale – haben einen großen Einfluss darauf, ob man sich auf dem Bike wohlfühlt oder nicht. Wir haben zunächst alle Parameter in der Serienausstattung getestet, um den Status Quo abzufragen. Im weiteren Verlauf des Tests wurden die Bikes an die individuellen Vorlieben der jeweiligen Tester angepasst. Hiermit stellten wir sicher, dass sich jeder Testfahrer voll und ganz auf die Eigenheiten des Rades konzentrieren und die Limits ausloten konnte, ohne zum Beispiel mit einem zu schmalen Lenker zu kämpfen. Unter dem Punkt “Tuning-Möglichkeiten” haben wir in jedem Einzeltest die vorgenommenen Änderungen dokumentiert. Außerdem gehen wir in den einzelnen Reviews genauer auf die Optimierungsmöglichkeiten der drei Kandidaten in unserem Test ein.

29er Enduro-Bikes – Wer hat getestet?
Jens Staudt
- Testername: Jens Staudt
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht (fahrfertig): 95 kg
- Schrittlänge: 91 cm
- Armlänge: 61 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich: Singletrails, sprunglastiger Local Spot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk: Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie: Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 430 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
Jonathan Kopetzky
- Testername: Jonathan Kopetzky
- Körpergröße: 175 cm
- Gewicht (fahrfertig): 70 kg
- Schrittlänge: 79 cm
- Armlänge: 51 cm
- Oberkörperlänge: 49 cm
- Fahrstil: Aggressiv und verspielt
- Ich fahre hauptsächlich: DH sprunglastig, auch Dirt, eigentlich alles Hauptsache Rad dabei
- Vorlieben beim Fahrwerk: Straff und schnell
- Vorlieben bei der Geometrie: Langes Oberrohr, Hinterbau je nach Einsatzgebiet
Christoph Spath
- Testername: Christoph Spath
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht: 65 kg
- Gewicht (fahrfertig): 70 kg
- Schrittlänge: 94 cm
- Armlänge: 60 cm
- Oberkörperlänge: 49 cm
- Fahrstil: Schnell bergauf und bergab, sauber, selten überm Limit
- Ich fahre hauptsächlich: Von Dirt Jump über Trail und Enduro bis Downhill, gerne schnell, in grobem Gelände und mit viel Luftstand
- Vorlieben beim Fahrwerk: Viel Low Speed-Compression am Dämpfer, Front etwas straffer als das Heck, hinten gerne progressiv
- Vorlieben bei der Geometrie: Vorne lang, hinten je nach Einsatzbereich kurz bis mittellang, flach
Um euch den bestmöglichen und breitesten Testeindruck zu bieten, fahren immer mehrere Tester ein Bike. Neben den aufgeführten Testern mit detaillierten Profil arbeiten wir immer mit weiteren Fahrern unterschiedlicher Könnerstufen, Gewichte, Körpergrößen sowie Vorlieben zusammen. Im direkten Dialog stellen wir das richtigen Setup sicher und dokumentieren in gemeinsamen Ausfahrten die Eindrücke. Dies stellt sicher, dass wir alle Eigenheiten eines Bikes in allen Bereichen beurteilen können.

Detaillierte Tests
- Testbericht Nukeproof Mega 290
- Testbericht Trek Slash 9.9
- Testbericht Evil The Wreckoning
Text & Redaktion: Christoph Spath, Jens Staudt | MTB-News.de 2017
Bilder: Jens Staudt, Jonathan Kopetzky, Christoph Spath