
Neben den großen Reifenherstellern gibt es einige weniger bekannte Marken wie WTB (kurz für Wilderness Trail Bikes), die ein durchaus interessantes Portfolio an Produkten bieten – die Modelle WTB Vigilante und WTB Trail Boss sind zwei spannende Reifen im Programm der Kalifornier, die in zweierlei Karkassen und Gummimischungen Trail und Enduro-Piloten glücklich machen sollen. Wir haben die Varianten verglichen und wurden durchaus überrascht – hier ist der Test.
WTB Trail Boss und WTB Vigilante – kurz & knapp
Die Einsatzbereiche von Vigilante und Trail Boss liegen vor allem im Trail- bzw. All Mountain-Einsatz. Der Vigilante schwenkt etwas mehr in Richtung Enduro, während der Trail Boss bis hin zum XC-Einsatz eine gute Figur machen soll. Während der Trail Boss auf trockenen und harten bis losen Böden zuhause ist, kann es der Vigilante laut Hersteller auch mit nassen Böden und Matsch aufnehmen.
- Verfügbare Größen: 26″, 27,5″ oder 29″
- TCS Tough, TCS Light oder Comp Ausführung
- Dual DNA, Gravity DNA oder DNA Gummimischung
- Enduro, Lightweight oder Durable Karkasse
- Von XC bis Enduro
- Von trocken bis nass
- Gewicht Vigilante: 1115 g (eigene Messung)
- Gewicht Trail Boss: 1200 g (eigene Messung)
Preis: 64,90 € (Highgrip) 59,90 € (Fastrolling) | Bikemarkt: WTB Trail Boss kaufen
Preis: 64,90 € | Bikemarkt: WTB Vigilante kaufen

Aufbau
„Das sieht doch aus wie…“ – Dieser Ausspruch ist auf viele Produkte im Bikebereich anwendbar. Zweifelsohne gibt es immer mal wieder Ähnlichkeiten, was der eigentlichen Funktion keinen Abbruch tun sollte. Ein offenes Stollenprofil mit moderat großen Stollen findet sich am WTB Vigilante, was auf eine gute Selbstreinigung hoffen lässt. Am WTB Trail Boss lässt das Profil mit seinen niedrigeren Mittelstollen auf gute Rolleigenschaften vor allem auf härteren Böden schließen. Soweit der erste Eindruck.
Vigilante sowie Trail Boss werden in zweierlei Karkassen angeboten. Eine leichtere (“fast rolling”), besser rollende, die aber auch weniger Pannenschutz und Dämpfung bietet, dafür aber Gewicht einspart, sowie eine steifere (“tough”), die etwas mehr wiegt, aber dem Untergrund mehr entgegenzusetzen hat. Die genauen Gewichte könnt ihr den Tabellen entnehmen.
Version | Laufradgröße | Breite | Karkasse | Gummimischung | Gewicht |
TCS Light (fast rolling) | 26" | 2,3" | Lightweight | Dual DNA | 786 g |
TCS Tough (fast rolling) | 26" | 2,3" | Enduro | Dual DNA | 1000 g |
TCS Tough (high grip) | 26" | 2,3" | Enduro | Gravity DNA | 1120 g |
Comp | 26" | 2,3" | Durable | DNA | 893 g |
TCS Tough (fast rolling) | 27,5" | 2,3" | Enduro | Dual DNA | 1056 g |
TCS Light (fast rolling) | 27,5" | 2,3" | Lightweight | Dual DNA | 900 g |
TCS Tough (high grip) | 27,5" | 2,3" | Enduro | Gravity DNA | 1140 g |
Comp | 27,5" | 2,3" | Durable | DNA | 1040 g |
TCS Tough (fast rolling) | 29" | 2,3" | Enduro | Dual DNA | 1151 g |
TCS Light (fast rolling) | 29" | 2,3" | Lightweight | Dual DNA | 900 g |
Comp | 29" | 2,3" | Durable | DNA | 984 g |
Version | Laufradgröße | Breite | Karkasse | Gummimischung | Gewicht |
TCS Light (fast rolling) | 26" | 2,25" | Lightweight | Dual DNA | 700 g |
TCS Tough (fast rolling) | 26" | 2,25" | Enduro | Dual DNA | 900 g |
Comp | 26" | 2,25" | Durable | TBD | 900 g |
TCS Tough (fast rolling) | 27,5" | 2,25" & 2,4" | Enduro | Dual DNA | 1040 g (2,25") 1050 g (2,4") |
TCS Light (fast rolling) | 27,5" | 2,25" & 2,4" | Lightweight | Dual DNA | 778 g (2,25") 844 g (2,4") |
TCS Tough (high grip) | 27,5" | 2,25" | Enduro | Gravity DNA | 1099 g |
TCS Light (high grip) | 27,5" | 2,25" & 2,4" | Lightweight | Gravity DNA | |
Comp | 27,5" | 2,25" | Durable | DNA | 913 g |
TCS Light (fast rolling) | 27,5+ | 3,0 | Lightweight | Dual DNA | 1125 g |
TCS Tough (fast rolling) | 29" | 2,25" & 2,4" | Enduro | Dual DNA | 1050 g (2,25") 1187 g (2,4") |
TCS Light (fast rolling) | 29" | 2,25" & 2,4" | Lightweight | Dual DNA | 795 g (2,25") 917 g (2,4") |
Comp | 29" | 2,25" | Durable | DNA | 967 g |
Montage
Beide Reifen sind in der TCS Tough High Grip Variante tubeless-ready und machten bei der Montage keinerlei Probleme. Lediglich auf der Spank Oozy mit ihrem „Oobah“ System, welches keine starke Vertiefung im Felgenprofil aufweist, gilt es, zwei stabile Reifenheber zur Hilfe zu nehmen und als Vorbereitung den Reifen sehr bestimmt in die Mitte zu ziehen. Wir fügten je Reifen zirka 50 ml Stan’s Tubelessmilch hinzu. Sicher ist sicher.

WTB Vigilante und Trail Boss – Auf dem Trail
Grau ist alle Theorie und wer glaubt, anhand eines Blicks auf ein Reifenprofil seine Eigenheiten erkannt zu haben, liegt in der Regel nie ganz richtig. Zu komplex ist das Zusammenspiel aus Profil, Unterbau, Karkasse, Gummimischung, Felgenbreite und Luftdruck. Also ab auf den Trail.

Traktion und Dämpfung
WTB kann man im Reifensektor durchaus noch als Underdog bezeichnen. Zu solchen Herstellern hat man zumeist eine vorgefertigte Meinung parat: „Was kann so ein kleiner Hersteller denn besser machen als die Größen der Branche, die über mehr Entwicklungspotential verfügen?“ – Auf den ersten Metern Trail wird schnell klar, dass WTB hier einiges richtig gemacht haben. Besonders in der „Team-Issue“ – also der Version mit der steiferen Karkasse – hat man ein außerordentlich sattes Fahrgefühl. Kein bisschen undefiniertes seitliches Schwimmen wie bei stark gewichtsoptimierten Trailbikereifen ist zu spüren. Auch mit der leichten Karkasse hält sich das in Grenzen, auch wenn das Fahrgefühl nicht ganz so satt ist wie in der Team Issue-Variante.
Vom Profil her fühlt sich der WTB Vigilante besonders auf etwas losem Untergrund wohl. Hier können sich seine Stollen gut eingraben und Halt generieren. Die Gummimischung hält wortwörtlich, was sie verspricht: Egal ob auf griffigem Waldboden, nassen EWS-Strecken in Finale, Steingebolze am Kohlern in Bozen oder der Königsdisziplin „nasser Kalkstein“. Er blieb extrem berechenbar und ließ eigentlich nie den Gedanken aufkommen, dass man heute vielleicht gerne einen anderen, spezialisierteren Reifen montiert hätte. Schwächen leistete er sich eigentlich nur auf extrem harten Untergrund, der absolut kein Eindringen der Stollen ermöglichte. Diese fingen dort an, seitlich zu flexen und dann – immerhin noch recht kontrolliert – über den Boden zu schmieren.

Genau hier ist dann aber der WTB Trail Boss zu Hause. Wir gaben ihm die Möglichkeit, sich an Front und Heck zu beweisen – seine niedrigeren, engeren Stollen bieten auf harten Böden sehr viel mehr Kontaktfläche als der Vigilante. Das generiert auch mehr Grip für Antritt und Bremsmanöver, solange der Boden nicht zu locker und klebrig wird.
Selbstreinigung
Große Abstände zwischen moderat großen Stollen: Die erste Vermutung, die wir bezüglich der Selbstreinigung am Vigilante hatten, sollte keine falsche gewesen sein. Egal, wie matschig es wird: solange man eine gewisse Grundgeschwindigkeit mitbringt, zentrifugiert der Reifen verlässlich allen anhaftenden Matsch von sich weg. Hierbei spielt es keinerlei Rolle, ob der Unterschied aus Schneematsch, Frühlingspampe oder nassem Waldboden besteht. Der Vigilante zeigte sich neben seinem breit nutzbaren Anwendungsbereich in Punkto Grip auch bei der Selbstreinigung von einer sehr guten Seite.


Etwas im Nachteil ist hier der Trail Boss. Zwar verfügt er über nicht sonderlich hohe Mittelstollen, aber die Zwischenräume bieten einen Platz, der klebrigeren Boden zum Verweilen einlädt. Die Seitenstollen sind weniger davon betroffen, aber in Summe leidet vor allem die Bremstraktion des Trail Boss, der hier dann in Richtung eines Semislick a la RockRazor tendiert.
Rollwiderstand
Vor allem bei unseren letztjährigen Felgentests fanden zahlreiche Umbauten statt, was Reifen und Felgen anging. Diese Umbaumaßnahmen nehmen wir gerne auch als Möglichkeit, um verschiedene Kombinationen der Reifen auszuprobieren. So fuhren wir Vigilante/Vigilante, Vigilante/Trail Boss und Trail Boss/Trail Boss in unterschiedlichen Bikes, Gummimischungen und Karkassen. Die „Fast-Rolling“ Karkasse trägt ihren Namen in jedem Fall zurecht, denn sie bietet eine spürbare Erleichterung gegenüber der steiferen Tough High Grip-Variante – egal ob bei Vigilante oder Trail Boss. Mit der High Grip-Variante hatte man insbesondere mit dem Vigilante schon ein kleines Päckchen extra zu tragen wenn es darum geht, ordentlich Kilometer auf der Tour zu machen.
Pannensicherheit
Platten flicken ist wohl mit eine der nervigsten Angelegenheiten, die einem auf dem Trail passieren kann und manche Reifen sind in ihrer Ausführung für das jeweilige Gelände einfach ungeeignet. Die leichte Karkasse funktioniert zwar mit kleinen Abstrichen beim Walken auf moderaten Trails sehr gut, kommt aber in steinigem Geläuf sehr schnell an seine Grenzen. So hatten wir in Bozen auch mit teilweise 2,2 Bar auf nur 1 km mit durchschlagenen Seitenwänden und 4 Platten mit Schlauch zu kämpfen. Wer in solchem Gelände und Strecken unterwegs ist, wird eher zu etwas stabileren Reifen greifen — und schon mit der “Tough” Karkasse der “Team Issue” schlugen sich Trail Boss und Vigilante um Welten besser. Man könnte hier fast schon von einem leichten DH-Reifen sprechen.

Haltbarkeit
Weiche Gummimischungen sind zumeist dazu verdammt sich schnell abzunutzen. Der Preis den man für den Grip eben zahlt. Aber das muss nicht so sein. Am Hinterrad löste sich der Vigilante bei harten Bremsmanövern auf Steinen zwar sichtbar ab aber der Trail Boss bot hier eine sehr gute Lebensdauer. Auch die dicke Karkasse war bis zum Profilende des Reifens in einem sehr annehmbaren Zustand und lies den Reifen nicht großartig schwammiger werden oder mehr Platten zu.
Fazit
WTB weiß zu begeistern! Vigilante und Trail Boss sind sehr gelungene Reifen, die den Ansprüchen an schnelles Trail- und Endurofahren in grobem Gelände sehr gerecht werden – vor allem mit der dicken Karkasse. Besonders die Team Issue-Variante mit der weichen Gummimischung bestechen durch eine gute Balance zwischen Haltbarkeit und Grip. Selten hatten wir auch bei Luftdrücken unter 2 Bar mit einem Reifen so wenig Burping oder Platten aufgrund von Durchschlägen. Dies geht etwas zu Lasten des Gewichts, ist aber durchaus zu verschmerzen, wenn man fast nie von Platten oder Luftverlust geplagt wird.
Stärken – WTB Vigilante
- Sehr großes Einsatzspektrum
- Sehr pannensicher in der Team Issue
Schwächen – WTB Vigilante
- Schmiert auf sehr harten Böden
- Pannensicherheit mit der „Fast-Rolling“ Karkasse in steinigem Geläuf grenzwertig
- Rollwiederstand in der “Tough-Version” etwas höher
Stärken – WTB Trail Boss
- Super für harte bis mittelharte Böden mit niedrigem Rollwiederstand
- Niedriger Rollwiederstand
- Sehr pannensicher in der Team-Issue
Schwächen – WTB Trail Boss
- Selbstreinigung bei Matsch könnte besser sein
- Pannensicherheit mit der „Fast Rolling“ Karkasse in steinigem Geläuf grenzwertig
Preisvergleich
Preisvergleich WTB Vigilante
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Testablauf
Die Reifen wurden in diversen Ausführungen auf verschiedensten Rädern von mehreren Testern gefahren. Im Zuge eines Felgentests wurden die Reifen zudem auf unterschiedlichsten Felgen montiert.
Hier haben wir den Trail Boss und Vigilante getestet
- Albkante: schnelle Trails, teilweise steinig, wurzelig und steil.
- Bozen, Kohlern: steinige, schnelle, teils materialmordende Downhill-Strecke
- Bikepark Geißkopf: von losen Sandböden bis hin zu steinigen Downhill-Strecken
Testerprofi
- Testername: Jonathan Kopetzky
- Körpergröße: 175 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 70 kg
- Schrittlänge: 79 cm
- Armlänge: 41 cm
- Oberkörperlänge: 49 cm
- Fahrstil: Aggressiv und verspielt
- Was fahre ich hauptsächlich: DH sprunglastig, auch Dirt, eigentlich alles Hauptsache Rad dabei
- Vorlieben beim Fahrwerk: straff und schnell
- Vorlieben bei der Geometrie: langes Oberrohr, Hinterbau je nach Einsatzgebiet
Testerprofil
- Testername: Jens Staudt
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht (mit Riding-Gear): 92 kg
- Schrittlänge: 91 cm
- Armlänge: 58 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Was fahre ich hauptsächlich: Singletrails, sprunglastiger Localspot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk: Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie: Kettenstreben nicht zu kurz ( ca. 430 mm), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
Weitere Informationen zum Trail Boss und Vigilante
Webseite: www.wtb.com (Trail Boss & Vigilante)
Text & Redaktion: Jens Staudt | MTB-News.de 2016
Bilder: Jens Staudt, Christoph Spath